Der Zauber der Nacht |
Langsam zieht sich das Licht des Tages hinter den Horizont zurück. Das
dunkle Tuch der Nacht breitet sich langsam über der Landschaft aus,
vertreibt die Gestalten des Lichts. Ruhe vertreibt die Hektik, Frieden
breitet sich aus, und es erwachen die Jäger der Nacht. Das ist der Lauf der Dinge: Dem Licht folgt Dunkelheit, nach Tag kommt Nacht, jeder nimmt das Leben des anderen und gibt es wieder ab. Immer und immer wieder, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Und immer wieder sterben die Schatten in der Nacht. Aber ab und zu, selten, unverhofft, legt sich ein Zauber über die Wesen einer Nacht. "Kommt!" raunt es durch die Stille der Dunkelheit. Und dann erwachen sie, die Schatten einer Nacht. Zeit ist kostbar, Zeit ist knapp! Schnell, schnell, nur diese eine Nacht! Die Schatten der Bäume lösen sich, Geräusche werden zu Gestalten, das Licht des Mondes im Wasser steigt empor, der Nebel erwacht zum Leben. Zögernd noch kommen sie zusammen, die Wesen dieser Nacht, die Schatten in der Dunkelheit. So verschieden sie auch sind, sind sie doch alle gleich. Schatten in der Nacht. "Kommt!" Leben erfüllt die Schatten. Ja, Leben! Solange der Zauber wirkt! Nur diese eine Nacht!
Und sie beginnen mit einem Tanz. Langsam und vorsichtig. Es ist ein Tanz
ohne Regeln, aber es ist ein Tanz voller Freude. Es ist ein Tanz ohne
Zwang, es ist ein Tanz des Lebens eignem Drang.
Schneller wird der Tanz, immer schneller. Ja, die Zeit ist kostbar! Das
Leben brennt in der Wesen dieser Nacht. Schneller, Schatten in der Nacht! Solange der Zauber wirkt! Immer mehr verwischen sich die Reihen, immer hektischer wird der Tanz. Wild und ungestüm wirbeln sie umher, die Wesen dieser Nacht. Der Wind heult, der Regen hämmmert herab. Zeit ist kostbar, Zeit ist knapp. LEBT! Taghell erscheint die Nacht. Und bricht den Zauber dieser Macht.
Die Zeit war kostbar, die Zeit war knapp, doch sie haben sie genutzt, die
Wesen dieser Nacht. Der Nebel verfliegt, der Schimmer versinkt im Wasser, die Nacht wird ruhig, die Schatten werden wieder matt. Der Regen wird feucht, der Wind wird kalt, der Zauber verliert die Macht. Doch sie haben gelebt, die Schatten jener Nacht.
Und sie warten, denn sie wissen, irgendwann gibt es ihn wieder, so
einen ©2020 Holger Thiele generiert aus "nacht.template" vom 28 07 2001 |