Der Feuersturm

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Impressum
Die dunklen Wolken rasen über die kleine Stadt. Der Wind fegt durch die Gassen, ein Unwetter scheint sich zusammenzubrauen.
Alt ist die Stadt, jedenfalls ein Teil davon. Alt ist der Kern, verwinkelt die Gäßchen, alt und trocken die urigen Holzhäuschen, in geradezu undurchschaubarer Weise über- und nebeneinandergebaut.
Um den alten Kern herum, da stehen moderne Steinhäuser, sind große Straßen gebaut, finden sich die Geschäfte, die Wohnungen der Reichen, die Administration. Ja, alles Wichtige scheint im äußeren Ring zu liegen, doch im Kern, da schlägt das wahre Herz der Stadt. Dort ist die Stadt entstanden, dort lebt die Stadt, und dort liegt auch das alte Archiv der Stadt, als einziges Steingebäude im Kern. Alt ist das Gebäude, so alt wie die Stadt. Alles, was jemals wichtig für die Stadt war, das ist dort hinterlegt. Dort, in diesem Gebäude, da ist die Seele der Stadt.

Immer heftiger fegt der Wind durch die Straßen der Stadt. In den verwinkelten Gassen des Kerns ist es besonders schlimm, denn diese wirken wie Kamine, durch die der Wind heulend hindurchschießt.

Der alte Stadthalter steht am Rande des alten Kernes. Er blickt nach oben, in den Himmel. Er fühlt das Unheil, welches über der Stadt liegt.

Düster ist es, der Himmel glimmt in wallendem Rot. Dunkle Wolken türmen sich auf, rasen über den Himmel hinweg. Unruhe erfaßt die Tiere der Umgebung.
Die Bewohner der Stadt schauen teilnahmslos zu. Was soll schon sein? Ein Unwetter, wie es schon viele gegeben hat. Regen, Wind. Was solls? Es wird vorbeigehen, wie alle anderen auch vorbeigegangen sind. Und niemand wird sich später daran erinnern. Es hat halt geregnet.

Das Rot wallt und wabert, als ob das Feuer ganzer Wälder ein Gemälde an den Himmel malt. Immer düsterer wird der Himmel, immer schneller fegen die pechschwarzen Wolken über die Stadt. Eiskalter Wind rast durch die Straßen, rappelt an den Türen, pfeift durch die Ritzen.

Übergangslos bricht das Chaos über die Stadt herein. Ein gleißender Blitz bricht aus dem Himmel hervor und sich seinen Weg hinab, schlägt in eines der alten Holzhäuser im Kern der Stadt ein. Während ein ohrenbetäubender Donner die Stadt in ihren Grundfesten erschüttert, spaltet der Blitz das Dach des Hauses, setzt das trockende Holz wie Zunder in Brand.

Wieder bricht ein Blitz aus einer der düsteren Wolken hervor. Und noch einer, und noch einer. Taghell erleuchten die Blitze die Dunkelheit.

An einigen Stellen brennt der alte Kern der Stadt. Ein paar Blitze sind auch außerhalb des Kernes eingeschlagen, haben jedeoch kaum Schaden angerichtet.

Im Herz der Stadt jedoch brennt es. Flammen schlagen aus den Häusern hervor, das trockene Holz brennt wie Zunder.

Der heftige Wind reißt die Flammen mit sich. Rasend schnell breitet sich das Feuer aus, springt auf intakte Häuser über, setzt auch diese in Brand.

Immer und immer wieder zucken Blitze vom Himmel, schlagen in die alten Häuser ein, zerfetzen Dächer und Wände. An immer mehr Stellen brennt der Kern der Stadt.
Doch wirklich fatal ist der Wind, der durch die engen Gassen rast. Der entstehende Sog reißt die Flammen mit sich. Feuerstürme schießen durch die Gassen, umhüllen Häuser, lecken die Wände empor. Rasend schnell breitet sich das Feuer aus, sucht sich seinen Weg. Immer mehr Häuser fallen den gierigen Flammen zum Opfer, bis nach unheimlich kurzer Zeit der komplette Kern der Stadt in Flammen steht.

Ein unheimliches Bild bietet sich einem fernen Beobachter: Die große Stadt mit den prächtigen Häusern, unter dem rötlich wabernden Himmel, mit einem Herz aus Feuer. Es blitzt nicht mehr, doch inmitten der Stadt brennt es lichterloh.

Übergangslos fängt es an zu regnen. Wahre Wassermassen brechen aus den dunklen Wolken hervor und prasseln herunter. Langsam begraben sie das Feuer unter sich, doch es ist zu spät für den alten Kern der Stadt. Fast völlig niedergebrannt sind die alten Häuser.

Genauso übergangslos, wie der Regen gekommen ist, geht er auch wieder. Hell wird es aber nicht, es bleibt düster. Nur das rote Glimmen läßt allmählich nach.

Der alte Stadthalter kommt vorsichtig aus dem Hauseingang heraus, der ihm als Deckung gedient hat. Er durchschreitet einen der Torbogen, der das Herz der Stadt, den alten Kern, vom Rest der Stadt trennt.
Oh Schreck, wie sieht es hier aus!
Der Kern der Stadt ist fast bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Nur noch verkohlte Stümpfe ragen wie Skelette in den düsteren Himmel. Das, was nicht verbrannt ist, liegt zusammengewürfelt herum, ohne Ordnung, in einem gewaltigen Chaos.

Das Archiv, die Seele der Stadt!

Entsetzliche Angst erfaßt den Stadthalter. Ist das Archiv genauso zerstört wie die Häuser hier?
Er stürmt los, bahnt sich einen Weg durch das verbrannte Holz. Er weiß selbst nicht, wie es ihm gelingt, alleine durch die verschütteten Gassen zu kommen. Er klettert über die Trümmer, stößt verkohlte Bretter zu Seite und erreicht, ohne zu wissen, wie lange er dafür gebraucht hat, den Mittelpunkt des alten Kernes. Total verschmutzt ist er, über und über bedeckt mit Ruß. Seine Hände bluten, Splitter haben seine Haut aufgerissen.

Vor ihm ragt die Steinkuppel des Archivs in die Höhe. Erleichtert atmet er auf, denn zumindest scheint das Archiv den Feuersturm so einigermaßen überstanden zu haben. Die Außenwände sind zwar beschädigt, aber die schwere Steinkuppel hat dem Feuer Widerstand leisten können.

Doch, was sieht der Stadthalter da? Ein Blitz muß dort in die Seite der Steinkuppel eingeschlagen sein, denn ein Loch klafft dort! Es ist nicht groß, aber es hat die Kuppel durchschlagen!
Angst greift nach dem Herzen des Stadthalters. Er zittert, dann rennt er zum Tor des Archivs.

Das hölzerne Tor zerbricht, als es der Stadthalter aufstoßen will. Fast hätte es das Feuer zerstört, und dann wäre der Feuersturm auch durch das Archiv gefegt und hätte es vernichtet.

Dunkel ist es. Mit zitternden Händen sorgt der Stadthalter für Licht, dann blickt er sich angstvoll um.

Der größte Teil des Archives ist unbeschädigt. Es ist zwar ziemlich unordentlich, der Wind hat einiges umgeworfen, aber ansonsten ist nicht viel passiert.
Nur an der Stelle, wo das Loch in der Kuppel ist, hat der prasselnde Regen einen Haufen Dokumente aus den Regalen gespült. Sie liegen auf dem Boden verteilt. Einige von ihnen sind völlig unleserlich, andere können vielleicht restauriert werden.

Der Stadthalter stöhnt auf. Gut, die Schäden sind gering, aber hoffentlich sind nicht zu viele Dokumente vernichtet worden. Immerhin hat es der größte Teil des Archives überlebt. Nur genaue Untersuchungen würden zeigen, was nun wirklich zerstört worden ist, und das braucht seine Zeit.

Müde verläßt der Stadthalter das Archiv und bleibt auf dem verschmutzten Vorplatz stehen. Vor ihm ragen die Trümmer des alten Kernes in den düsteren Nachthimmel.
Oh weh, dieses Chaos! Wie lange wird es dauern, bis das beseitigt worden ist?
Und bis der Kern wieder aufgebaut worden ist?
Hoffentlich sind die Pläne nicht unter den vernichteten Dokumenten! Oder sollte man vielleicht gleich moderne, neue Häuser bauen? Wie vorher wird es sowieso nicht mehr?

Der Stadthalter setzt sich erschöpft auf den Boden. Entscheidungen stehen an, schwierige Arbeit liegt vor ihnen. Die Zeit wird zeigen, was aus der Stadt nun wird.

29.3.97/12.4.97 Der Feuervogel Die literarische Ecke Tränen


©2020 Holger Thiele
generiert aus "feuersturm.template" vom 28 07 2001
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