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S.T.A.L.K.E.R - Shadow of Chernobyl
6 Jahre werkelte der ukrainische Hersteller GSC Game World
an dem bei vielen mit Spannung erwartetem Shooter S.T.A.L.K.E.R, und
seit Ende März ist es nun soweit! Nachdem das Spiel immer wieder verschoben
wurde, und letztendlich auch einige der damals angekündigten Features
(z.B. die Fahrzeuge) wegen Zeitmangel entfallen mußten, so wird doch jetzt
endlich der Spieler in die verseuchte Zone rund um Tschernobyl geschickt.
Zwanzig Jahre nach der herheerenden Atomreaktorkatastrophe von Tschernobyl
geschehen in der "Zone" (des Spieles) merkwürdige Dinge: mutierte
Tiere hetzen umher und komische physikalische Anomalien erscheinen. In
der Zone tauchen Leute auf, die versuchen, mit den dort zu findenden
Sachen Geld zu machen. Gerade die Jagd nach den durch die Anomalien
erzeugten Artefakten verspricht viel Geld, und so tummelt sich dort natürlich
auch viel zwielichtes Gesocks. Außerdem scheinen dort noch viel
geheimnisvollere Dinge zu tun: Immer wieder gehen Leute zum Zentrum der
Zone und kehren nicht mehr zurück. Oder doch, aber tot! Und immer wieder
kommen Lastwagen mit Leichen aus der inneren Zone! Wie der LKW, der letztens
einen schweren Unfall hatte, und wo ein gehemnisvoller Überlebender
gefunden wurde. Jemand mit einer Tätowierung auf dem Unterarm -
der Gezeichnete - der Hauptdarsteller.
Also, die Einleitung und der Hintergrund der Story sind schonmal allererste
Sahne (leider hält sich das nicht ganz so, aber dazu später mehr). Der
Spieler spielt den geheimnisvollen Überlebenden, der sein Gedächtnis
verloren hat und nur einen PDA mit dem Auftrag, einen "Strelok"
zu töten, mit sich herumschleppt.
Na ja, so ohne viel Kram und ohne Gedächtnis, da muß man erstmal ein
paar armselige Aufträge eines suspekten Händlers ausführen und sich etwas
mit der Umgebung vertraut machen.
Und die sieht wirklich beeindruckend aus. Nun, durch die lange Entwicklungszeit
mögen ein paar der Effekte vielleicht nicht mehr ganz aktuell sein, aber die
Grafik sieht wirklich gut aus, und man braucht auch keinen High-End-Rechner.
Aber etwas Power sollte der schon unter der Haube haben, also bessere
Mittelklasse ist Pflicht.
Die Entwickler des Spiels haben einige Male die Zone rund um Tschernobyl
besucht und sich auch anderweitig mit Bildmaterial eingedeckt. Und so ist
zwar kein exaktes Abbild der Gegend entstanden, aber durchaus etwas, was
recht wirklichkeitsnah ist. Dies ist alles natürlich nicht sauber und
gepflegt, sondern verschmuttelt und verrottet. Häuser zerfallen, es gibt
(auch in der Wirklichkeit) große Müllhalden, auf denen nach der Katastrophe
der Schrott abgeladen wurde. Der Wind weht Blätter durch die verlassenen
Straßen, Autowracks stehen herum, und mutierte Hunde greifen gerne mal
in Rudeln den unvorsichtigen Stalker an. "Stalker" steht hier übrigens nicht
für jemandem, der anderen Menschen nachstellt,
sondern für den ursprünglichen Begriff
eines (Pirsch)Jägers bzw. Fährtenlesers (also einer ortskundigen Person).
Das Spiel hat sich offenbar von dem Buch "Picknick am Wegesrand"
von Arkadi und Boris N. Strugatzki inspirieren lassen.
Dort gibt es "Zonen" (allerdings nicht
die Zone um Tschernobyl, das Buch ist vor der Katastrophe dort entstanden),
Anomalien, Artefakte und auch einen Wunschgönner. Allerdings haben dort
Außerirdische die Finger im Spiel gehabt. Lose auf dem Buch basiert
dann wiederum der Film Stalker von Alexander Kaidanowski aus dem
Jahre 1979.
Stalker ist ein Shooter, klare Sache. Viele Leute wollen einem ans
Leder (teilweise sofort, teilweise aufgrund der erledigten Aufträge, denn
es gibt verschiedene Gruppen bzw. "Fraktionen", mit denen man es sich
verscherzen kann),
und mutierte Tiere und
strahlenverseuchte "Zombies" führen sowieso nie was Gutes im Schilde. Aber
es ist mehr als ungesund, im Doom-Stil in eine Gruppe von Gegnern zu
springen, denn dann liegt man schneller im Dreck als man gucken kann: Die
KI ist sicher nicht brilliant, aber die Gegner gehen in der Regel
recht taktisch vor, gehen auch in Deckung und versuchen auch mal den
Spieler einzukreisen. Zudem tun "eingefangene" Kugeln verdammt weh!
Aber bessere Schutzwesten bieten mehr Schutz, nicht nur gegen Kugeln, auch
gegen radioaktive Strahlung, Feuer und noch einiges anderes. Man findet auch
eine Reihe von Waffen, die wohlüberlegt eingesetzt werden wollen: Man kann
nur eine begrenzte Menge an Gepäck mit sich herumschleppen, und es gibt
nicht alle Munition an allen Orten.
Neben der Radioaktivität muß sich der Spieler auch mit den Anomalien
auseinandersetzen. Dies sind physikalische Phänomene, die meist eine
Abmessung von ein paar Metern haben. Die Anomalie kündigt sich meist
durch visuelle Effekte an, und betritt man diese, dann kommt es in der
Regel zu einer Art Entladung: Feueranomalien brechen in Flammen aus, die leicht
blitzenden Elektroanomalien geben schwere Stromstöße von sich. Aber
es gibt noch eine Menge anderer, und zu Beginn sollte man diese alle meiden,
bis man Schutzanzüge erhält, welche diesen Gewalten trotzen können. Man
hat allerdings einen Detektor, der warnende Geräusche von sich gibt, wenn
man sich einer Anomalie nähert. Wenn man nicht ganz blind in der Gegend
herumläuft, wird man sicher nicht "aus Versehen" in eine hineingeraten -
leider, denn das hätte etwas die Gefahr der Gegend hervorgehoben.
Nahe dieser Anomalien findet man die sich darin bildenden Artefakte. Diese
haben meist mehrere Effekte, sofern man sie anlegt: So mag eines den Schutz
vor Kugeln erhöhen, aber im Gegenzug Strahlung erzeugen. Andererseits
gibt es auch welche, die diese Strahlung senken, aber vielleicht auf Kosten
der Ausdauer. Viele davon kann man aber auch einfach nur verkaufen, und
manche braucht man auch für Aufgaben, die einem von NPCs gegeben werden.
Die Hauptstory führt den Spieler in verlassene Labore (da ists teilweise
recht unheimlich drin), bringt ihn in Kontakt mit
Forschern und dabei immer näher an den Kern, den Reaktor heran. Es ist
schon sehr verworren, aber zu einem gewissen Grade fügt sich hinterher alles
zusammen. Es sei angemerkt, daß es in S.T.A.L.K.E.R 7 Enden gibt, davon
5 "Falsche" und 2 "Richtige". Na ja, genau betrachtet gibt es eigentlich nur
ein einziges richtiges Ende: 5 enden jeweils an einer bestimmten
Stelle (die soll hier nicht verraten werden) und ist quasi das einfache
(falsche)
Ende. Die 5 Ausprägungen sind vom Spielverlauf abhängig.
Sucht man im Atomkraftwerk etwas genauer (und hat insbesondere die
Hauptquest vernünfig durchgespielt), dann bekommt man noch
etwas mehr zu tun. Dort kann man sich dann noch einmal entscheiden ....
Neben der Hauptstory gibt es an den unterschiedlichen Punkten noch viele
Nebenquests. Diese sind meist einfach gestrickt (z.B. töte x Mutanten oder
sammle dieses oder jenes Artefakt) bzw. haben oft damit zu tun, eine Menge
Gegner - na, halt zu erschießen. Dabei sind einige Quests schon durchaus
gut gemacht, z.B. ein Überfall auf ein befestigtes Gelände mit einer Handvoll
Söldnern, wobei es recht turbulent zugeht.
Von Gegnern "gesäuberte" Gebiete bleiben meist nicht lange leer. Oft ziehen
dort beispielsweise wieder Banditen ein, manchmal auch andere Stalker, und
manchmal sieht man auch, wie sich dort Banditen und Stalker bekriegen. Die
Welt wirkt recht lebendig und (in gewissen Grenzen) dynamisch,
aber hier und da ists auch manchmal etwas
nervig, wenn an einer Stelle wieder einmal Gegner auftauchen, die man schon
4 Mal bekämpft hat. Immerhin verhindert dies, daß die Welt "leer" wird, und
man kann sich halt nie wirklich sicher fühlen.
Einige der mal angekündigten Features fehlen in der endgültigen Version
des Spiels: So gibt es keine Fahrzeuge, auch ist die Welt nicht so groß wie
einmal angekündigt. Auch ist das ganze Spiel nicht so dynamisch geworden
(das ist nicht so schlimm). Leider sind die NPCs sehr stereotyp, und es
bringt einem nicht wirklich viel, wenn man sich Freunde macht (es
wäre schön gewesen, derartige Freunde mit auf die Jagd nehmen zu können).
In der begrenzten, aber sehr schön und mit viel Liebe zum Detail erstellten
Welt fallen die Begrenzungen meist sehr störend auf: Oft trifft man auf
eigentlich lächerliche Weidenzäune, die aber unüberwindbar sind.
Auch fehlen die "Blow-Outs", nukleare Eruptionen, die es kräftig "scheppern"
lassen, wenn man keinen Unterschlupf findet. Es gibt nur einen Blow-Out gegen
Ende des Spiels, der ist dann allerdings ziemlich heftig (und dient
nur als Zeitbegrenzung für diesen Levelabschnitt). In abgeschwächter
Form (und nicht zu häufig)
wären diese Blow-Outs eine Bereicherung für das Spiel gewesen.
Der Storyverlauf selbst ist nett gemacht, und es treten immer wieder
Überraschungen auf (z.B. die Poltergeister in X18, mehr sei davon
nicht verraten). Die Hauptstory läuft allerdings auch linear ab, auch wenn
man natürlich frei ist, dazwischen welche der Nebenaufträge anzunehmen.
Diese sind allerdings oft recht einfach gestrickt.
Ebenfalls etwas mau ist das Inventar der wenigen Händler: Viel
sinnvolles haben diese nicht, zumindest nicht mehr im späteren Verlauf
des Spieles. Geld hat man dann wie Heu, kann aber nichts adäquates
kaufen. Dies ändert sich aber möglicherweise mit einem Patch.
Das Programm selbst enthält scheinbar nicht mehr übermäßig viele Fehler, aber
bereits eine Woche nach Release gibt es den ersten Patch. Dieser macht
die alten Speicherstände ungültig, daher sollte man sich überlegen, ihn
wirklich einzuspielen!
Ein weiterer Patch ist inzwischen (Anfang April)
in Vorbereitung. Dieser soll mit
den Spielständen der (jeweiligen) Vorversion
klarkommen. Ein als Gerücht aufgekommener
Spielstandkonvertor scheint doch nicht geplant zu sein.
Unter Vista hat das Programm etliche Probleme. Gut, nun reicht mir mein
gutes altes Win2K für die Spiele, aber da bei neuen PCs Vista meist
zwangsweise dabei ist, stellt dies für einige Leute natürlich ein Problem
dar. Das Spiel selbst läuft auch auf nicht mehr ganz aktuellen PCs
recht gut (ggf. mit heruntergeschraubten Details), aber einige Leute
klagen über Fehler. Einige sind (wie üblich) auf den Kopierschutz
zurückzuführen, einige werden hoffentlich durch Patches beseitigt. Vor
dem Kauf lohnt wie üblich ein Blick in die diversen Foren.
Das Spiel hat in Deutschland keine Jugendfreigabe, ist also ab 18. Es ist
in Deutsch (optional Englisch), aber einige der Sprachausgaben sind weiterhin
auf Russisch. Meist handelt es sich um "Lagerfeuergespräche", aber auch
wenn dies gut zur Umgebung paßt, ist es natürlich trotzdem schade, daß man
dies nicht versteht. Untertitel dafür sind nicht vorgesehen. Der Rest
der Sprachausgabe ist ganz gut gelungen, und die Sprecher haben oft einen
gut passenden russischen Akzent.
Fazit: Ein gutes Spiel mit einem interessanten Hintergrund. Ein wenig leidet
S.T.A.L.K.E.R unter den sehr hochgeschraubten Erwartungen, die es nicht
ganz erfüllen kann. Es ist vor einigen Jahren definitiv etliches mehr
versprochen worden als es ins Spiel geschafft hat!
Es ist aber auf jeden Fall ein guter Shooter mit toller
Grafik in einem interessanten Umfeld. Der Schwierigkeitsgrad ist selbst
auf unterster Einstellung teilweise fordernd. Vor dem Kauf sollte man sich
einige Tests anschauen, in Foren lesen und vielleicht sich das Spiel
vorher ausleihen. Auf jeden Fall ist S.T.A.L.K.E.R nichts für zu hektische
Naturen, denn etwas taktisches Vorgehen ist hier notwendig.
Inzwischen (Mai 2007) sind zwei Patches für Stalker erschienen, die
einige der groben Schnitzer der Verkaufsversion beheben. Der
Informationsfluß ist aber recht "zäh", ob dies nun am Poblisher oder an
der Softwarefirma liegt, kann man nicht sagen. Des weiteren sinkt die
Beteiligung der Spieler in den Foren über Stalker doch stark ab. Ob dies
für mögliche Erweiterungen oder Ergänzungen für Stalker förderlich
ist, bleibt abzuwarten.
Über die echte Katastrophe
- Einen Artikel über den Super-GAU in der
Wikipedia
- Die Homepage von
Elena Filatova
, die einige Male mit ihrem Motorrad die "Zone" besucht und dabei
eine Menge Fotos des jetzigen Zustandes geschossen hat.
©2020 Holger Thiele
Bilder © GSC Game World und THQ
generiert aus "stalker.template" vom 20 05 2007
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